Gewaltbeziehungen erkennen

oder

Wo ist die Grenze zwischen einer miesen/destruktiven- und einer Gewaltbeziehung?

Gibt es eine Grenze, aber der eine Partnerschaft aufhört, einfach nur „mies“ oder destruktiv zu sein, und umschlägt in eine Gewaltbeziehung? Nein.

Kann man da denn dann überhaupt eindeutig unterscheiden? Absolut! 

Ob eine Beziehung eine Gewaltbeziehung – so wie wir sie verstehen und definieren –  ist bzw. wird, steht von Anfang an fest, bzw. eine Gewaltbeziehung ist von Anfang an eine Gewaltbeziehung. Das von Außenstehenden leider oft schnell dahergesagte „es gehören ja immer zwei dazu“ ist, wenn es um Partnerschaftsgewalt geht, komplett falsch: Ebenso, wie das Ausüben von Gewalt das Ergebnis einer bewussten Entscheidung seitens des Täters ist, ist es der (spätere) Täter, der quasi die Beziehungsgewalt „mitbringt“ und v.a. systematisch darauf hinarbeitet, ein Machtungleichgewicht herbeizuführen.

Daher hängt es von den Ansichten, Haltungen, Beziehungs- und Rollenvorstellungen des (späteren) Täters ab, ob eine Beziehung statt einer Partnerschaft auf Augenhöhe eine Gewaltbeziehung ist.

Wenn Sie herausfinden möchten, es sich bei einer (hoffentlich nicht Ihrer) Beziehung „nur“ um eine … suboptimale / destruktive / miese … Partnerschaft oder aber um eine Gewaltbeziehung handelt, überprüfen Sie deren „Abschneiden“ in den nachstehenden Kategorien.

(Klicken/Tippen Sie auf die Pfeile links neben dem Text, um die einzelnen Bereiche auszuklappen)

Ungleichheit statt Augenhöhe

Ein Misshandler betrachtet seine Partnerin nicht als gleichberechtigte und gleichwertige Person. Misshandlungsbeziehungen sind geprägt von Macht, Dominanz und Kontrolle. Der Misshandler ist getrieben von dem inneren Zwang, „am längeren Hebel zu sitzen“. Es ist ihm nicht möglich, in einer gleichberechtigten Partnerschaft zu leben, eine gleichberechtigte Frau stellt eine Bedrohung dar. Beispiele für Ungleichheit:

  • Er erwartet von Dir, ihn in alle Entscheidungen mit einzubeziehen (so behält er Kontrolle), „vergisst“ aber, Dich von seinen Entscheidungsprozessen in Kenntnis zu setzen.
  • Es ist schwierig, mittelfristig oder langfristig mit ihm zu planen. Gleichzeitig tendiert er aber dazu, Dich auf Aussagen „festzunageln“, die angeblich „feste Pläne“ seien.
  • Für ihn unbequeme Diskussionen werden von ihm „geblockt“. Er kann das, denn er sitzt am längeren Hebel. Jeder solcher „Erfolge“ steigert sein Machtgefühl.

Wett- und v.a. Machtkampf statt von Partnerschaft

Dein Partner empfindet Deine Leistungen nicht als Bereicherung für Eure Beziehung sondern als Bedrohung seiner Position. Das, was Du als Beitrag zu Eurem Leben siehst, empfindet er als Infragestellung seiner Macht und Kompetenz. Anstelle der erhofften Anerkennung und Wertschätzung erhältst Du (Gegen-)Angriffe und Abwertung.

Beispiele:

  • Deine Erfolge und Leistungen werden kleingeredet oder ignoriert.
  • Er kann es nur schwer ertragen, wenn andere Menschen Dir in seinem Beisein Komplimente machen.
  • Er ist ein schlechter Verlierer (stellt es aber u.U. so hin, als seist Du die schlechte Verliererin.
  • Er spricht nicht gerne mit Dir über Themen, in denen Du „besser“ bist. – Dafür aber umso lieber und länger über Bereiche, in denen er „besser“ ist.

Manipulation und Dominanz statt von Gegenseitigkeit und Gemeinsamkeit

Manipulative Menschen beherrschen ein breites Spektrum an Strategien, um zu bekommen, was sie bekommen wollen, – aber der wahrscheinlich einfachste Weg wird von ihnen selten genutzt: Fragen oder Bitten.

Beispiele:

  • Er sagt Dir nicht, was er von Dir erwartet, – aber lässt es Dich „spüren“, wenn Dein Verhalten nicht seinen Erwartungen entspricht.
  • Er bittet Dich nicht, bestimmte Freunde oder Verwandte nicht mehr zu treffen, sondern straft Dich mit Liebesentzug oder Streitigkeiten auf Nebenschauplätzen.
  • Er entwickelt Krankheiten und/oder „Wehwechen“ wenn Du es tatsächlich „wagen“ solltest, eigene Wege zu gehen.
  • Wenn Du ihm von eigenen Ideen und Plänen erzählst, macht er selbige schlecht, „warnt“ Dich vor vermeintlich gefährlichen Auswirkungen, spielt sie herunter … – sprich tut letztendlich alles ihm mögliche, um Dich von der Realisation Deiner Pläne und Ziele abzuhalten.

Feindseligkeit statt Wohlwollen

Gewalt ist immer feindselig, egal ob es sich um physische, verbale, emotionale oder psychologische Gewalt handelt. Diese Feindseligkeit wird unterschiedlich ausgelebt und reicht von direkten verbalen oder tätlichen Angriffen bis zu gut verborgener Feindseligkeit, die sich er in Form von geschickten Manipulationen äußert. Die Tatsache, dass Dein eigener Partner Dir gegenüber tatsächlich feindselig eingestellt ist, und diese Feindseligkeit auch auslebt, ist schwer zu erkennen, einzusehen und für viele Menschen gänzlich unmöglich zu verstehen.

Beispiele:

  • Offene Angriffe und Beleidigungen, Beschimpfungen.
  • Oftmals wird dem Partner die Schuld für den Angriff „in die Schuhe geschoben“.
  • Er pflastert Deinen Weg mit Hindernissen, – oft um zu verhindern, dass Du unabhängiger, oder gar „besser“ wirst.
  • Dein Partner ist nicht auf Deiner Seite.

Kontrolle statt Intimität

Intimität ist eine der Lebensquellen einer guten Beziehung. Der verbale und emotionale Austausch zwischen Partnern ist die Grundlage einer vertrauensvollen, gleichberechtigten Beziehung. Ein Partner, der nach dem Power Over Konzept lebt, vertraut Dir nicht, sieht Dich nicht als gleichberechtigt an, und hat vor allem kein wirkliches Interesse daran, Dir seine wahren Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Er will Dich kontrollieren, – oft um sich seinen eigenen Gefühlen nicht zu stellen.

Beispiele:

  • Anstatt offen mit Dir über seine Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen zu sprechen, manipuliert er Dich, um seine Ziele zu erreichen.
  • Probleme lassen sich in Gesprächen nicht wirklich lösen, auch wenn Dein Partner bisweilen den Anschein macht, an Deinen Äußerungen interessiert zu sein.

Negation statt Interesse und Validierung

Während es in einer Partnerschaft üblich ist, die Gefühle und Wahrnehmungen des anderen zu bestätigen – oder Diskrepanzen offen zu besprechen, wird Misshandler genau das Gegenteil tun. Denk daran: Sein Ziel ist es, Dich zu kontrollieren, am längeren Hebel zu sitzen. Je schwächer und unsicherer Du wirst, desto mehr Kontrolle hat er.

Beispiele:

  • Wenn Du ihm sagst, dass sein Verhalten Dich verletzt, antwortet er mit „Du bist zu empfindlich“.
  • Er spielt Deinen Schmerz oder Deine Ängste herunter.
  • Er lobt Dich nicht für Deine eigenen Erfolge, sondern versucht wohlmöglich sogar, diese abzuwerten.
  • Er wird wahrscheinlich NIE zugeben, dass er Dich misshandelt oder verletzt.