DEN KUCHEN BEHALTEN UND IHN TROTZDEM ESSEN: HÄUSLICHE GEWALT, FACEBOOK UND SICHERHEIT.

Es dürfte tausend Gute Gründe geben, Facebook nicht zu benutzen. Für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind oder waren, gibt es dann noch einmal ca. 20 mehr. Angesichts der Anstrengungen, die nötig waren um Facebook zu überzeugen, dass häusliche Gewalt ein verbreitetes, ernst zu nehmendes Thema und keine tolle Vorlage für Memes über Sandwiches ist, gehört die Plattform nicht zu denjenigen Orten im Netz, die mit irgendwelchen Auszeichnungen oder Prädikaten für Sicherheit geschmückt sind. Beschreibungen wie „misogyn geboren und nicht dazugelernt“ liegen sehr viel näher.

Dennoch, oder deshalb? – schloss sich Facebook Anfang des Monats der Veröffentlichung von NNEDV – Nationales Netzwerk zur Beendigung häuslicher Gewalt in den USA – an: eine Broschüre für von Stalking, Partnerschafts- und sexualisierter Gewalt betroffene Frauen. Thema: Sicherheit im Umgang mit Facebook.

Ein Großteil der hier verwendeten Texte sind meist freie Übersetzungen des Originaltextes, den S. für re-empowerment pro bono und on short notice übernommen hat. Liebe S., dafür noch einmal herzlichen Dank!! Textergänzungen und nachbearbeitete Screenshots der Facebook-Benutzerinnenoberfläche von re-empowerment.

Viele Gewaltbetroffene Frauen sind regelmäßige Facebook-Nutzerinnen. Der subjektive Nutzen übersteigt die Risiken. Viele Täter nutzen Facebook im Rahmen und nach der Trennung, um an Informationen über die ex zu kommen, sei es aus Obsession, dem Wunsch, weiterhin gefühlte Kontrolle über ihr Leben zu besitzen oder um ihr evtl. sogar zu schaden. Die Informationen in diesem und den folgenden Artikeln sollen helfen, bestehende Gefahren zu minimieren und sich der Risiken bewusst zu werden, die die Nutzung moderner Kommunikationsmedien für Frauen in/aus Misshandlungsbeziehungen nach sich zieht.

 

SICHERHEIT UND PRIVATSPHÄRE BEI FACEBOOK

Die von NNEDV und Facebook veröffentlichte Broschüre richtet sich an Menschen, die häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung und Stalking erleben/erlebt haben. Sie enthält Tipps und Informationen darüber, wie man Facebook möglichst sicher verwenden kann, während private Informationen geschützt bleiben. Sie soll Betroffenen Kontakt zu Freunden und Familie ermöglichen, während der Täter möglichtst vom Informationsfluss abgeschnitten werden soll.

 

Die größte Sicherheitslücke: IHRE FREUNDE

Freunde oder – je nach Privatsphäre-Einstellungen – Freunde von Freunden können sehen, was Sie posten.

Grundsätzlich empfehlen wir betroffenen Frauen, des räumlich frischgebackenen ex sofort aus der Freundesliste zu streichen und zu blockieren, so dass Sie quasi unsichtbar füreinander werden.

Gleichzeitig kann das Entfreunden des Täters aggressives, gefährliches Verhalten seinerseits auslösen. Da das Gewaltrisiko im Lauf einer Trennung eh um das Fünffache steigt, ist es oft ratsam, mit dem Kappen der digitalen Verbindung zu warten, bis sie nicht mehr mit dem Täter unter einem Dach leben.

Ebenso empfehlen wir, nur noch mit denjenigen Personen bei Facebook befreundet zu bleiben, die nicht mit dem ex befreundet sind. Da Facebook inzwischen Wege eingeführt hat, sog. Höflichkeits-Freundschaften zu verwalten, können Sie ggf. etwas weniger rigoros vorgehen, sollten aber mit jede*r Ihrer Facebook-Freund*innen darüber gesprochen haben, dass sie aus Sicherheitsgründen vermeiden möchten, dass Ihr ex-Partner Informationen über sie erhält.

Im Folgenden ist erklärt, wie Sie welche Inhalte mit wem teilen, für wen Sie sie sichtbar machen.

 

WÄHLEN SIE IHR PUBLIKUM AUS

Wenn Sie Inhalte auf Facebook teilen, können Sie einstellen, wer diese sehen kann.

In den Privatsphäre-Einstellungen können Sie festlegen, wer grundsätzlich Ihre Inhalte sehen kann: jeder, nur Freunde, nur Sie, nur bestimmte Personen usw. Auch können Sie Listen von Personen erstellen, für die Ihre Inhalte sichtbar sind. Zusätzlich ist es möglich, direkt bei jedem einzelnen Posting die Sichtbarkeit für andere einzustellen. Ebenfalls in den Privatsphäre-Einstellungen können Sie festlegen, dass Beiträge von anderen, in denen Sie markiert/erwähnt werden, erst in Ihrer Chronik erscheinen, wenn Sie sie dafür freigeben.

 

ACHTEN SIE AUF GEMEINSAME FREUNDE

Es ist wichtig, ein Auge auf gemeinsame Freunde und Freunde von Freunden zu haben und die Sichtbarkeit Ihrer Beiträge für diese einzustellen. Jeder, der Ihre Beiträge sehen kann, kann diese auch für seine/ihre Freunde sichtbar machen bzw. mit anderen teilen, also auch mit dem Täter. Jede Art von digitaler Information kann auf Facebook und anderen Plattformen geteilt werden.

 

ERGÄNZUNG: SAG MIR, WER DEINE … NÖ.

Wir empfehlen, die Anzeige der eigenen Freunde zu deaktivieren, so dass anderen Personen ausschließlich die gemeinsamen Freunde angezeigt werden:

 

SEIEN SIE VORSICHTIG BEI FREUNDSCHAFTSANFRAGEN

Facebook Nutzer sollten sich unter ihren echten Namen, mit der echten Identität anmelden. Dennoch ist es möglich, sich ein „falsches“ Profil anzulegen. So kann der Täter sich als jemand ausgeben, den Sie kennen, sich so in Ihr Vertrauen schleichen und sich Zugang zu Ihren (Profil-) Informationen und Beiträgen verschaffen. Wenn Sie also eine Freundschaftsanfrage von jemandem erhalten, mit dem Sie (im „echten“ Leben oder auf Facebook) befreundet oder bekannt sind, fragen Sie bei der betreffenden Person nach, ob die Anfrage tatsächlich von ihr/ihm kommt. Die gleiche Vorsicht ist natürlich auch bei Anfragen von komplett fremden Personen geboten, da Sie nie sicher sein können, ob nicht der Täter dahinter steckt.

 

SPRECHEN SIE MIT IHREN KINDERN

Teenies mögen glauben, dass es “cool” und ein Zeichen der Beliebtheit ist, möglichst viele Freunde zu haben. Sprechen Sie mit Ihren Kindern über Privatsphäre, Sicherheit und darüber, dass Freundschaftsanfragen nicht immer freundlich gemeint sind.

 

Empfehlung zum Weiterlesen:

externe Links:

  • Facebook-Hilfe: Sicherheitseinstellungen
  • Selbst & bewusst: Tipps für den persönlichen Datenschutz bei Facebook – Broschüre der Hamburgerischen Datenbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.
  • Basale Infos zu grundsätzlichem Sicherheitsverhalten im Netz